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12/04/16–12/11/16 Lukas Rehm
Tilmann Rödiger
Vernissage:
Saturday, Dec 3
at 7 pm
Finissage:
Sunday, Dec 11
at 8 pm

SCREENING: DEFAULT
Son­ntag, 11.12.2016, 17h
HfG Karl­sruhe, Blauer Salon Loren­zs­traße 15, D‑76135 Karl­sruhe

Eine Mul­ti­me­dia-Instal­la­tion von Lukas Rehm und Tilmann Rödi­ger

Seit der Finanzkrise 2010 hat sich die Lage in Griechen­land drama­tisch verän­dert. Das Pro­jekt DEFAULT zeigt am Beispiel von Inter­views und Fil­mauf­nah­men im zeit­genös­sis­chen Athen welchen Wan­del die Lebenswelt der griechis­chen Bevölkerung vol­l­zo­gen hat, welche Per­spek­tiv­en am Piräus-Hafen auf Neuankömm­linge warten und wie örtliche Ini­tia­tiv­en Hil­fen für Bedürftige anbi­eten.

Das DMN (eng. für Default Mode Net­work) beze­ich­net Gehirn­re­gio­nen, die in Zeit­en der Inak­tiv­ität angeregt wer­den. Diese Regio­nen funk­tion­ieren reizun­ab­hängig — um kog­ni­tiv Ver­gan­ge­nes zu ver­ar­beit­en, zu träu­men oder Prob­le­man­forderun­gen zu ver­ar­beit­en ist dafür keine äußere Stim­u­la­tion von­nöten.

Athen befind­et sich seit eini­gen Jahren in einem beson­deren Default Mode wider Willen: Der Hafen, der im Jahr 2021 fer­tiggestellt wer­den soll, wartet immer noch auf seine Fer­tig­stel­lung. Seit Griechen­land Opfer der glob­alen und europäis­chen Aus­ter­ität­spoli­tik gewor­den ist, brach ein Großteil der Gesund­heitsver­sorgung ein, da die staatlichen Krankenkassen seit mehreren Jahren kein Geld mehr für die Ver­sorgung ihrer Mit­glieder haben. Aus weit­eren Krisen­re­gio­nen der Welt reisen täglich neue Men­schen in der Hoff­nung auf mehr Sta­bil­ität in die Haupt­stadt Griechen­lands.

Der geflüchtete Sohn ein­er Tal­iban-Fam­i­lie, der noch nach drei Jahren Flucht auf den Straßen Athens schlafen musste. Eine griechisch-deutsche Meeres­forscherin, die nach Lösun­gen sucht, um die EU-Gelder für ihr Forschung­spro­jekt aufrechtzuer­hal­ten. Ein ehe­ma­liger Hafe­nar­beit­er, der sein Boot verkaufen musste, als die Steuer­forderun­gen für sein Fis­cher­boot zu hoch wur­den. Und ein Arzt, dessen selb­stor­gan­isierte Kom­mu­nalk­linik per­ma­nent von juris­tis­chen Ver­fahren bedro­ht ist. Ver­fal­l­ene Bau­ru­inen, still­gelegt mit­ten im Moment ihrer Fer­tig­stel­lung. Per­so­n­en- und Frachtschiffe, die tagtäglich ein- und aus­laufen.

Das zusam­menge­tra­gene Mate­r­i­al von Lukas Rehm und Tilmann Rödinger ent­stand im Athen des per­ma­nen­ten Wan­dels. Seit Jahren wech­selt es seine sym­bol­is­chen und geografis­chen Rollen im Zuge derzeit­iger sozialer, poli­tis­ch­er und ide­ol­o­gis­ch­er Trans­for­ma­tio­nen und Asym­me­trien. Die Spuren, die der andauernde Zus­tand der Krise hin­ter­lässt wer­den in den ver­sam­melten Geschicht­en der Bewohn­er und Geflüchteten deut­lich. Aus den per­sön­lichen Biogra­phien, alltäglichen Beschäf­ti­gun­gen in Zeit­en des Wan­dels, der Flucht und der Umwälzun­gen in- und außer­halb Griechen­lands zeich­nen sich die Fol­gen ein­er Poli­tik mit vie­len Lei­d­tra­gen­den vor Ort ab.

Es sind die Mikropoli­tiken der Anwe­senden, die sich im Angesicht unkon­trol­lier­bar­er Umwälzun­gen aus­ge­bildet haben, die Hoff­nung machen und die dem Aus­maß der finanz- und migra­tionspoli­tis­chen Dynamiken ein Gesicht geben.

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